ART COLOGNE Review im Kölner Stadt-Anzeiger vom 22.04.2012
"Eine Messe wie ein Popkonzert"
"Eine Messe wie ein Popkonzert"
von Emmanuel van Stein
Die Qualität des Angebots bei der 46. Art Cologne hat das kauffreudige Publikum überzeugt. Mit über 60 000 Gästen wurde die Besucherzahl der Vorjahre übertroffen. Auch Hochkarätiges wechselte den Besitzer, etwa Baselitz' „Der Soldat“ für 2,27 Millionen Euro.
High Noon im Eingangsbereich zur Halle 11 der Kölnmesse. Am Wochenende belagerten zur Mittagszeit so viele Menschen die Kassen der Art Cologne, als wollten sie sich die letzten Karten für den Auftritt eines Popstars sichern. Der gefeierte Star war hier der 46. Internationale Kunstmarkt, der am Sonntagabend seine Pforten schloss. „Besser und stärker“, urteilte der Londoner Galerist David Juda. Kein Wunder, dass mit über 60 000 Gästen die Besucherzahl der Vorjahre übertroffen wurde.
Ein fettes Ausrufezeichen setzte Messeneuling David Zwirner: Der New Yorker Galerist gab Georg Baselitz’ Bild „Der Soldat“ (1965) für 2,27 Millionen Euro ab. Derweil verkaufte der Dortmunder Utermann George Rickeys Edelstahlplastik „Cluster of Cubes“ für 280 000 Euro. Der Münchner Galerist Fred Jahn, der beim ersten Kunstmarkt 1967 im Gürzenich dabei war, dreißig Jahre lang aussetzte und nun mit seinem Sohn antrat, erlebte „intensive Tage und viel Zuspruch“. 39 000 Euro erlöste er für eine Baselitz-Arbeit. Zufrieden war auch der Stuttgarter Schlichtenmaier, der Abnehmer für eine Leinwand von Karl Otto Götz (1954, 55 000 Euro) und ein Bild von Peter Brüning (58 000 Euro) fand.
Schon am Vernissage-Abend veräußerte die Baseler Galerie Henze & Ketterer ein Heckel-Aquarell für etwa 30 000 Euro. Es sei ein „spontaner Kauf“ gewesen, erinnerte sich mit Freude Alexandra Henze Triebold. Der Sammler habe nicht einmal gehandelt, „das ist inzwischen selten“ und zugleich ein Indiz für die hervorragende Stimmung auf der Messe. Eine Kirchner-Grafik (120 000 Euro) wechselte ebenfalls während der Vernissage den Besitzer.
Die Hamburger Rückkehrerin Vera Munro schwärmte von „kunstinformierten und -begeisterten“ Besuchern. „Es war eine tolle Messe“, begeisterte sich auch der Kölner Johannes Schilling (Galerie Boisserée), „noch lebendiger und erfüllender als im letzten Jahr.“ Man habe neue, „sympathische“ Kunden gefunden aus Österreich und der Schweiz.
Eine Etage höher, wo die Bereiche der New Contemporaries und New Positions schon immer auf den Teppichboden verzichteten, markierte zumal im Nada-Bereich die hohe Notebook- und Tablet-Dichte bisweilen eine Hemmschwelle. Aber man brauchte die Aussteller nur anzusprechen, sofort ergaben sich interessante Plaudereien. Für die jungen Frankfurter „Bischoff Projects“ war die Nada die erste Kunstmesse überhaupt. Die Betreiber freuten sich über „tolle Sammler und Museumsleute“, verkauften im vierstelligen Bereich und hoffen, vom Erlös an der Nada Miami teilnehmen zu können. Zufriedenheit herrschte auch bei Cinzia Friedlaender (Berlin), wo man allerdings erneut Skepsis begegnete. „Was ist denn die Nada Cologne?“, war eine häufig gestellte Frage.
Nun, es ist eine amerikanische Organisation innovativer Galerien, die sich für weitere Kölner Auftritte empfiehlt. „Mir gefällt, dass die Nada keine wilde Spielwiese ist“, betonte die Kölner Galeristin Susanne Zander, deren Koje in Sichtweite zur Nada stand. Zander gab George Wideners „Robot Puzzle“ für 24 500 Euro ab. Das Nada-Konzept empfand der Leipziger Christian Seyde (Galerie Kleindienst) „klarer als das von Open Space“, dem Vorgänger. Seyde lobte Kunden und Atmosphäre.
Der Stuttgarter Galerist Klaus Gerrit Friese, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Galerien und Kunsthändler, bilanzierte, die Zufriedenheit und das Interesse der Besucher seien „gewaltig gewachsen“. Friese, der eine Arbeit von Karin Kneffel für 60 000 Euro verkaufte, erzählte von einer sehr speziellen Begegnung: Angesichts eines aus mehreren Spezies zusammengesetzten, 68 000 Euro teuren Tierpräparats meinte ein Jäger: „Das mach ich euch für 2000 Euro.“
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