Saturday 29 August 2015

OPENING COLOGNE //DC OPEN 2015// Galerie Susanne Zander I Cologne shows: Günter K. Margret – Chronicle of an Affaire


Günter K., Untitled, 1970/08/21–1970/08/31, 1970, Vintage Print, 13 x 9 cm


Opening:
Friday, September 4, 6–8 pm


For one and a half years, Günter K. and his secretary Margret S. had a passionate affair. The 39-year-old businessman from Cologne meticulously documented their secret love story, which occurred between May of 1969 and December 1970. After his death, photographs, predominantly typewritten notes, and souvenirs of their joint activities were discovered in a suitcase during the liquidation of his apartment.



The collection consists of hundreds of esthetically high-quality photographs, many are in black and white, but most are in color. Margret who was 24 years old at the time, is the exclusive subject of these photographs: she is shown typing at her desk, on trips in tranquil and sometimes formal settings, in hotel rooms changing, dressing, or undressing, on beds, applying her makeup. In addition to this photographic documentation, a variety of personal ephemera was archived. These include samples of Margret’s head and pubic hair, her fingernail clippings, empty contraceptive pill packaging, a scab with some dried blood fragments from her wrist? Hotel and restaurant receipts in addition to various tickets reveal places visited and the preferences and interests of the couple. The personal notes or diary entries by Günter K., mostly typewritten, resemble official protocols. The primary focus of all of the records, concerns the sexual act, the details of which are recorded and described in a thoroughly businesslike manner; the details include, frequency of occurrence, the position adopted, and even the precise duration of the act.



On one hand, the recordings and documents offer detailed insight into the relationship between Günter and Margret, for example they reveal that both were married, that Günter also has relationships with other women and that Margret’s husband can resume sexual activity after only 15 minutes. On the other hand, the protagonists remain vague and the story fragmentary – in fact the documents pose more questions than they answer. Why does Margret get pregnant although she takes the pill? Has Günter K. also documented his other affairs as obsessively? To what degree are Günter’s observations factual, and how would Margret’s version compare? And ultimately, why does the relationship end? What do the photographs taken in the final months of the relationship reveal? Evidently, the passion has subsided. In the final images, Margret barely smiles and on December 17, 1970, the documentation ceases. The final images do show indications regarding cultural changes inasmuch as a new freedom especially in regard to clothing is mixed with Gelsenkirchen Baroque, apron dresses and Margret’s backcombed hair.



In its conceptual consequence and its narrative character the collection is reminiscent of the works of Sophie Calle and Hans-Peter Feldmann. Typical of the work of all three artists is the mutual reflection between the viewer’s voyeuristic perspective and that of the artist. The viewer’s curiosity is intensified by Günter K’s obsessiveness, which is as fascinating as it is oppressive.



The complete collection was on display at the KW Institute for Contemporary Art, Berlin (2013) and the Kunstraum Innsbruck (2012) and was also shown earlier this year at the White Columns Gallery in New York. Parallel to the Cologne exhibition, the photographs, which Günter K., printed several times, will be shown at the abc berlin art contemporary, Berlin from September 17 through 20, 2015.







--------------------------------------------------------------------------------------


Anderthalb Jahre hatten der Geschäftsmann Günter K. und seine Sekretärin Margret S. eine leidenschaftliche Affäre. Der 39-Jähriger Kölner hat die heimliche Liebesgeschichte zwischen Mai 1969 und Dezember 1970 akribisch dokumentiert. Davon zeugen Fotografien, schriftliche Aufzeichnungen und Souvernirs der gemeinsamen Aktivitäten, die bei der Wohnungsauflösung des verstorbenen Unternehmers in einem Koffer gefunden wurden.



Das Konvolut besteht aus Hunderten von Fotografien von ästhetischer hoher Qualität, einige in Schwarzweiß, die meisten in Farbe. Abgebildet ist immer wieder die damals etwa 24-jährige Margret: am Arbeitsplatz mit Schreibmaschine, auf Reisen vor beschaulicher bis biederer Kulisse, in Hotelzimmern beim Aus-, Um- oder Ankleiden, auf dem Bett oder beim Schminken. Archiviert und mit Daten versehen sind auch Kopf- und Schamhaare von Margret, Fingernägel, leere Verhütungspillenpackungen und eine Kruste von ihrem Handgelenk samt etwas Blut. Hotel- und Restaurantrechnungen wie auch Eintrittskarten lassen auf Aufenthaltsorte, Vorlieben und Interessen des Paares schließen. Die zumeist mit Schreibmaschine getippten persönlichen Notizen oder Tagebuchaufzeichnungen von Günter K. gleichen amtlichen Protokollen. Fokus aller Niederschriften ist der sexuelle Akt, dessen Häufigkeit, Position und exakte Dauer er betont sachlich beschreibt.



Einerseits geben die Aufzeichnungen und Dokumente detaillierte Einblick in das Verhältnis zwischen Günter und Margret, sie offenbaren etwa, dass beide verheiratet sind, Günter auch andere Frauen trifft und Margrets Mann bereits nach fünf Minuten das nächste Mal Sex haben kann. Andererseits bleiben die Protagonisten undeutlich und die Geschichte bruchstückhaft – die Dokumente werfen mehr Fragen auf als sie beantworten. Warum wird Margret schwanger obwohl sie die Pille nimmt? Hat Günter K. noch andere seiner Affären derart obsessiv dokumentiert? Hat er sich überhaupt streng an die Fakten gehalten? Was wäre Margrets Version? Und nicht zuletzt: Warum endet die Beziehung? Und was verraten uns die Aufnahmen der letzten Monate darüber? Offenbar ebbte die Begeisterung ab, Margret lächelt kaum noch auf den letzten Bildern und am 17.12.1970 bricht die Dokumentation ab. En passant finden sich aber einige Antworten bezüglich der Zeit zwischen 1969 und 1970: Die neue Freizügigkeit in der Kleidung durchmischt sich mit Gelsenkirchener Barock, Kittelschürzen und toupierten Föhnfrisuren.



In seiner konzeptuellen Konsequenz und seines erzählerischen Charakters erinnert das Konvolut an die Arbeiten von Sophie Calle und Hans-Peter Feldmann. Charakteristisch für die Arbeiten aller drei Künstler ist die wechselseitige Spiegelung zwischen voyeuristischen Perspektive des Betrachters und derjenigen des Künstlers. Die Schaulust des Betrachters wird durch Günter K. gedoppelt, das ist ebenso faszinierend wie beklemmend.



Das vollständige Konvolut war bisher zu sehen im KW Institute for Contemporary Art, Berlin (2013) und dem Kunstraum Innsbruck (2012) sowie in diesem Jahr bei White Columns in New York. Parallel zur Kölner Ausstellung sind auf der abc contemporary in Berlin vom 17.–20. September Fotografien ausgestellt, die Günter K. mehrfach abgezogen hat.








Günter K.

Margret – Chronik einer Affäre



4. September – 24. Oktober 2015

Eröffnung: Freitag, 4.9., 18–22 Uhr

Galerie Susanne Zander
Antwerperner Straße 1
50672 Cologne 

 




Wednesday 26 August 2015

REVIEW /// André Robillard in the exhibition "FIRE AND FORGET" at KW Institute for Contemporary Art, Berlin


André Robillard, Fusil x Alleman Rapide RAF. Germany, 1992, photo credit Anna Bauer

Ruth Schneeberger about André Robillards work featured in the exhibition "Fire and Forget" at KW on sueddeutsche.de (26.08.2015):


Wir sind gut und ihr seid böse

Wie reagiert die Gesellschaft auf zunehmend anonymisiertes Töten? Eine Berliner Ausstellung fordert, dass sich die Kunst dem Thema Waffen in seiner ganzen Dimension widmet.


"Plötzlich steht eine ganze Polizeimannschaft in der Tür. Große, bullige Kerle in voller Montur, mit Schlagstöcken und Waffen im Anschlag und anonymisierenden Helmen auf dem Kopf bewegen sich ganz langsam auf den Betrachter zu. Oder doch nicht? Einen Schrecken kann jedenfalls bekommen, wer den obersten Stock der Ausstellung "Fire and Forget" in Berlin betritt - und das ist auch so gewollt.

Das KW Institute for Contemporary Art in Berlin beleuchtet in der Ausstellung mit dem Titel "Fire and Forget. On Violence" das Verhältnis des Menschen zu Gewalt, Waffen - und dem Töten. Wie verändert eine vergleichsweise neue Art des Tötens, nämlich das anonymisierte Töten durch Einsatz von besonders effektiven, weil hochtechnisierten Waffen unser Verhältnis zur Gewalt? Und was machen diese neuen Möglichkeiten mit unserer Gesellschaft?

Fast 50 zeitgenössische internationale Künstler, von Marina Abramović über Pipilotti Rist bis Tal R, liefern die zu den Fragen passenden Bilder, Skulpturen und Videos. Das "Archive Of Modern Conflict" aus London steuerte Privatfotos aus den ersten beiden Weltkriegen bei. Es sind vor allem diese Schwarz-Weiß-Bilder, manche nicht viel größer als Briefmarken, die den Betrachter erschauern lassen: eine hübsche junge Frau auf dem Feld - in Heldenpose mit Pistole. So winzig das Bild, so stark zeigt es ihre Überzeugung in Körperhaltung, Ausdruck, Energie.

Wie ein sterbender Dinosaurier

Ein anderes Foto zeigt einen überrollten Panzer - und korrespondiert hervorragend mit einem Riesenpanzer, der fast eine Ausstellungsfläche ausfüllt: Neun Meter lang und sechs Meter breit, ist "Tank" komplett aus pflanzlich gegerbtem Schweinsleder gefertigt. Künstler He Xiangyu, der in Berlin und Peking lebt, arbeitete zwei Jahre lang an dem Meisterstück, das in sich zusammengesunken auf dem Boden liegt, als sei ihm die Luft entwichen. Die Besucher betrachten es fasziniert wie einen sterbenden Dinosaurier.

Denn die Menschen haben ja nicht nur Angst vor Waffen, viele sind gleichzeitig fasziniert davon. Davon zeugen auch die Installationen "Guns" von "Robbert&Frank/Frank&Robbert": Wie Trophäen hängen 146 handgezimmerte Gewehre aus Holz an einer Wand. Auch ein aus einer Getränkedose und weiterem Müll gebasteltes RAF-Gewehr von André Robillard oszilliert zwischen kritischer Geschichtsbetrachtung und Fanperspektive. Alle Arbeiten in diesem Raum, in dem es um die

Auswirkungen geht, die der Einsatz moderner Waffen langfristig auf die menschliche Psyche hat, handeln von dieser Zwiespältigkeit.

Anders als Literatur und Theater behandele die bildende Kunst das Thema oft einseitig, findet Kuratorin Ellen Blumenstein: "Waffen sind schlecht und müssen weg - fertig. Natürlich negieren wir das nicht grundsätzlich, aber Waffen sind nun mal so alt wie die Menschen selbst und diese Reduktion unterschlägt vieles von der Ambivalenz, die in der Haltung des Menschen zur Waffe und zu ihrem Schrecken steckt."

Und noch eine Ambivalenz wartet hier auf: "Wir erleben Gewalt meist nur abstrakt in weiter Ferne. Dabei ist sie näher, als wir glauben", erklärt Kurator Daniel Tyradellis. Deshalb der Titel "Fire and Forget", in Anlehnung an den Militärjargon für Waffensysteme, die aus gefahrloser Distanz zum Feind ausgelöst werden, und die sich ihre Ziele selbst suchen. Der Schütze kann die Opfer seines Angriffs ausblenden - und vergessen.

Die Ausstellung will die geläufigen Vorstellungen von Krieg und Gewalt hinterfragen und damit deutlich machen: Schon die Analyse von Gewalt ist abhängig davon, ob dabei auch in Gedanken Gewalt am Werk ist, schreibt Tyradellis in einem Begleittext. Denn Gewalt hat viele Gesichter, nicht nur das der Waffe. Und die Art, wie wir etwa kriegerische Konflikte in anderen Erdteilen beurteilen, hängt auch von unserer Art zu denken ab, die wiederum stark geprägt sein kann.
Bereits am Eingang begrüßt den Besucher ein leicht bedrohliches Szenario: "Tourniquet" (französisch: Drehtür) heißt die Installation von Daniil Galkin aus der Ukraine und dabei handelt es sich eigentlich nur um zwei mal zwei Drehkreuze in Schwarz. Aber wieso fühlt man sich von dieser Grenzziehung zwischen Innen und Außen schon so beeinträchtigt? Und wie reagiert man selbst, wenn man an einer Grenze steht: überwinden, einreißen, umkehren? Wovon ist das abhängig? Im Untergeschoss beschäftigen sich Künstler mit diesem für Berlin altbekannten Thema. (...)"

 Please click HERE to read the complete article

www.sueddeutsche.de
www.kw-berlin.de 


Saturday 15 August 2015

HORST ADEMEIT and ADELHYD VAN BENDER / Catalogue "Under the Clouds", Serralves Museum of Contemporary Art





 João Ribas (ed.): Under the Clouds: From Paranoia to the Digital Sublime, Serralves Museum of Contemporary Art, 2015, p.130-133, 138-141.

HORST ADEMEIT and ADELHYD VAN BENDER

Out now: The catalogue to the exhibition "Under the Clouds: From Paranoia to the Digital Sublime" at Serralves Museum of Contemporary.

Curated by João Ribas, Deputy Director and Senior Curator, Serralves Museum of Contemporary Art.

"Since the second half of the 20th century, we have lived under the shadow of two clouds: the mushroom cloud of the atomic bomb, and the ‘cloud’ of distributed information networks. How did the central metaphor of cold war paranoia become the utopian metaphor of today? ‘Under the Clouds’ explores the contemporary sublime that has replaced the natural one, and the interrelated effects and affects of these two clouds on life and work, leisure and love, and on images, bodies, and minds.
The post-war technologies of the emergent third industrial revolution have now evolved to fit in the palm of our hand; we no longer merely look at images, we now touch, scroll, pinch, and drag them. Where is the border between the self and its data shadow, between information, matter, and affect? The biological, economic, aesthetic, and political effects of living under the clouds has taken the form of new relations between data and material, as well as increasing debt and abstract financialization; the changing nature of work and sex; and new relationships between screens, images, and things. As earlier forms of technologically inflected art sought to mitigate the effects of change — both on perception and society — many of today’s artistic practices confront the myriad interfaces and decentralized networks that continue to shape and transform daily life, forming new evolving connections between bits and atoms."

The exhibition runs till September 20th, 2015

For further information, please visit the museum website:
www.serralves.pt